4. 1. 1. Grenzwert für Lösungsmittelgehalt in Bitumenmassen


Beschreibung Produkte Relevante Produktgruppen 

Erläuterung

Die Auswirkungen einzelner VOC auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen umfassen ein weites Spektrum, das von sensorischen Wahrnehmungen (Gerüche, Reizer-scheinungen) bereits bei niedrigen Konzentrationen bis hin zu meist erst bei höheren Konzentra- tionen auftretenden toxischen Langzeiteffekten reicht. Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass es sich bei einem Teil der für niedrigere Konzentrationen angegebenen Effekte um Sinneswahrnehmungen oder andere Wirkungen handelt, die sich der Überprüfung im Tierversuch weit­gehend oder vollständig entziehen. VOC-Gemische können bereits in niedrigen Konzentra-tionen unspezifische Effekte auslösen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Reizung der Schleimhäute der Augen, Nase und Atemwege. Auch Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrations-schwäche, Übelkeit, erhöhte Körpertemperatur und andere unspezifische Symptome können auftreten.

Die relevanteste Umweltauswirkung von VOCs stellt die vor allem bei hochsommerlichen Klimabedingungen stattfindende Weiterreaktion mit Stickoxiden (überwiegend aus Verkehrsemissionen) unter Lichteinfluss zu humantoxischen, stark reizenden Fotooxidantien dar (umgangssprachlich als „Sommerozon“ bezeichnet).

VOCs haben aber auch ein relevantes Treibhauspotenzial, deutlich über dem von Kohlendioxid, und stellen demnach eine erhebliche Einflussgröße beim Klimawandel dar. Die Stadt Wien verfolgt im Rahmen ihres Klimaschutzprogramms daher u. a. das Ziel, Lösungsmittelemissionen bei Bautätigkeiten weitgehend zu minimieren.

 

Bituminöse Zubereitungen können heiß- oder kaltverarbeitet werden. Bei der Heißverarbeitung wird Bitumen über die Grenztemperatur von 80 °C erhitzt, sodass Bitumendämpfe und -aerosole (Kategorie 2 der krebserzeugenden Arbeitsstoffe) auftreten („Heißbitumen“). Bei den kaltverarbeitbaren bituminösen Zubereitungen unterscheidet man zwischen lösungsmittelbasierte Produkten, welche größenordnungsmäßig zur Hälfte aus Erdöldestillaten bestehen, und Emulsionen, welche weitgehend frei von organischen Lösungsmitteln sind.


Beide Grundtypen sind bezüglich ihrer technischen Eigenschaften gleichwertig. Auf frischen Betonuntergründen und bei hoher Luftfeuchtigkeit haben Emulsionen aufgrund ihrer hydrophilen Eigenschaften Vorteile gegenüber den hydrophoben Lösungsmittelsystemen, auf stark verschmutzten (z. B. verölten) Untergründen ist es eher umgekehrt. Nicht anwendbar sind Emulsionen auf den produktionsbedingt in der Regel hydrophobierten metallischen Untergründen (Verblechungen) und bei Niedrigtemperaturen: Etwa ab dem Gefrierpunkt „brechen“ diese Emulsionen (d.h. es entstehen getrennte Wasser- und Bitumenphasen) und es können somit einheitlicher Auftrag und in der Folge Dichtheit nicht mehr gewährleistet werden.

 

Da Isolierarbeiten in der Regel bei Außenbedingungen vorgenommen werden, wird zur Berücksichtigung des Windeinflusses und der Objektkälte eine Mindestverarbeitungstemperatur von 5 °C vorgegeben. Dies gilt analog auch für die Lagerung der Stoffgebinde.

Unter Winter-Außenbedingungen ist ein Arbeiten mit konventionellen Emulsionen in der Regel nicht oder schwer möglich. Einen entscheidenden Einfluss hat somit auch die zeitliche Planung des Bauablaufs: Wenn es gelingt, Isolierarbeiten außerhalb der Wintermonate durchführen zu lassen und in Übergangs-Kältephasen Isolierarbeiten zu verschieben, ist der Löwenanteil der Lösungsmittelemissionen vermeidbar.

 

Wenn keine Bitumenemulsionen eingesetzt werden können, sind Produkte mit dem geringst möglichen Lösemittelgehalt und der geringsten Gesundheitsgefährdung einzusetzen, z.B. möglichst niedrige GISCODE-Einstufung:

 

GIS­CODE Bezeichnung max. Einstufung (R-Sätze) gefahrauslösende Inhaltsstoffe
BBP10 Bitumenemulsionen  

Neben Emulgatoren maximal 3% organische Hilfskomponenten wie Lösemittel

BBP20 Bitumenmassen, aromatenarm,
lösemittelhaltig
10-51-52-53- 65-66-67 ≤ 25% Lösemittel; Kohlenwasserstoff
gemisch mit 1 – 25 % Aromatengehalt
BBP30 Bitumenmassen, aromatenarm,
lösemittelreich
10-18-51-52- 53-65-66-67

> 25% Lösemittel; Kohlenwasserstoff­gemisch

mit 1 – 25 % Aromatengehalt

 BBP40 Bitumenmassen, aromatenarm,
gesundheitschädlich, lösemittelhaltig

Xn; 10-20-21- 51-52-53-65-66-67

≤ 25% Lösemittel; Kohlenwasserstoff­gemisch

mit 1 – 25 % Aromatengehalt

 BBP50 Bitumenmassen, aromatenarm,
gesundheitschädlich, lösemittelreich
Xn; 10-18-20-21- 51-52-53-65-66-67

> 25% Lösemittel; Kohlenwasserstoff­gemisch

mit 1 – 25 % Aromatengehalt

BBP60 Bitumenmassen, aromatenreich,
gesundheitschädlich, lösemittelhaltig
Xn; 10-20-21-51- 52-53-65-66-67

≤ 25% Lösemittel; Kohlenwasserstoff­gemisch

mit mehr als 25 % Aromatengehalt

BBP70 Bitumenmassen, aromatenreich,
gesundheitschädlich, lösemittelreich
Xn; 10-18-20-21-37- 38-51-52-53-65-66-67 > 25% Lösemittel; Kohlenwasserstoff­gemisch mit mehr als 25 % Aromatengehalt

 

 

 

 
Mindestanforderung

Bitumenmassen sind grundsätzlich als kaltverarbeitbare, aromatenfreie Bitumenemulsionen mit maximal 3 Gewichtsprozent Lösemittel (GISCODE Einstufung BBP10 oder gleichwertig) anzuwenden.

Bitumenlösungen und heiß zu verarbeitende Bitumenprodukte sind im Regelfall unzulässig.

Lösungsmittelbasierte Produkte dürfen nur auf hydrophobierten metallischen Untergründen unter Verwendung von Kleingebinden zum Einsatz kommen. Wenn wie in diesem Fall keine Bitumenemulsionen eingesetzt werden können, sind Produkte mit dem geringst möglichen Lösemittelgehalt und der geringsten Gesundheitsgefährdung einzusetzen (z.B. möglichst niedrige GISCODE-Einstufung).


Beim Einsatz von Heißbitumen ist sicherzustellen, dass während der Verarbeitung ein Luftgrenzwert für die bei der Heißverarbeitung entstehenden Bitumendämpfe und -aerosole von 10 mg/m³eingehalten wird.

Nachweis:
Sicherheitsdatenblatt gemäß Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 in Fassung der Verordnung (EU) Nr. 453/2010 oder Bestätigung des Herstellers bzw. der Herstellerin


Produkte, die mit dem „Blauen Engel“ ausgezeichnet sind und Produkte, welche mit dem GISCODE BBP10 gekennzeichnet sind, sind jedenfalls auf Emulsionsbasis und erfüllen somit die Anforderungen.


Der Nachweis kann auch durch entsprechende Kennzeichnung im baubook (www.baubook.info/oea) geführt werden.

 
Hintergrundinformationen, Quellen
 

baubook ökologisch ausschreiben
Kriterienkataloge „ÖkoKauf Wien “ und Servicepaket „Nachhaltig:Bauen in der Gemeinde“
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https://www.baubook.at/m/PHP/Kat.php?SKK=2206.10159.10239.10240.10241&ST=35&rg=K&SW=16&oegpk2=o